Lernziel Taxonomie im E-Learning
Lilly Weinhöpl - 10.06.2021
Ein wesentlicher Baustein beim Konzeptionieren einer Lernerfahrung ist die Methode.
Gerade im Bereich E-Learning überschatten gerne das Design oder ein gewolltes Technikfeuerwerk die Methodik. Wenn die Learning Journey aber nicht nur gut aussehen, sondern auch wirken soll, kommt man nicht an der Frage vorbei, wie Übungen und Interaktionen passend zu den Lernzielen didaktisch wertvoll eingesetzt werden können.
Es gibt verschiedenen Ansätze und Lerntheorien, die dabei Unterstützung bieten können
den Lernprozess bestmöglich zu fördern. Eine davon ist die Taxonomie nach Bloom.
Die Meisten kennen diese bereits aus der Schulzeit, für die sie ursprünglich konzipiert wurde. In einer modernisierten Version kann die Taxonomie jedoch auch bei der Blended Learning und E-Learning Kursgestaltung helfen und auch die Frage beantworten wann E-Learning sinnvoll ist.
Wie hilft uns die Taxonomie?
Am Anfang jedes guten Lernkonzepts steht die Entwicklung und Kategorisierung von Lernzielen. Für den Kurs müssen klare und messbare Lernziele festgelegt werden.
Diese Ziele werden dann nach Lernniveau kategorisiert, wobei jedes Niveau unterschiedliche Lernaktivitäten und Übungen ableiten lässt. Die Lernniveaus stellen die Taxonomie Stufen der Pyramide dar. Das ursprüngliche Modell aus 1956 wurde in den letzten Jahrzehnten in den obersten Stufen angepasst. Hier steht nicht mehr das Evaluieren als höchste kognitives Lernniveau an der Spitze, sondern das Kreieren.
Die unterste, bzw. erste Ebene der Taxonomie-Pyramide ist das Wissen. Hier geht es lediglich darum, die Lerninhalte zu kennen und sich an sie zu erinnern, sodass diese nicht mehr völlig fremd sind. Um dieses Lernniveau zu fördern, genügt es beispielsweise Handouts oder Checklisten zur Verfügung zu stellen oder an einem Grundlagenseminar/-webinar teilzunehmen. Je nach Umfang des zu vermittelnden Wissens können Inhalte in grafisch ansprechende E-Learnings aufbereitet werden, die den Lernenden neugierig machen. Durch das Ansprechen eines weiteren Kanals (z. B. Audio) kann eine Verstärkung des Lerneffekts erfolgen. Somit eignen sich E-Learnings, wie z. B. interaktive Lernvideos hervorragend für diese Ebene.
Etwas komplexer ist dann die Stufe des Verstehens. Dieses Niveau ist bereits etwas schwieriger festzustellen und sollte daher begrifflich auch nicht unbedingt in der Definition der Lernziele verwendet werden. Gekennzeichnet ist das Verstehen dadurch, dass die Lernenden den Inhalt auch im Kontext präsent haben und im Gegensatz zum Wissen nicht nur wiedergeben, sondern erklären können. Das Verstehen kann ebenso schon durch Vorlesungen oder Handbücher gefördert werden. Grafische Darstellungen können die Informationen in Textform dabei wunderbar unterstützen und zum Verständnis beitragen. Jedoch gilt immer die Regel: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Lernende sollen nicht durch irrelevante Darstellungen oder überflüssige Inhalte abgelenkt werden. Auch E-Learnings eignen sich daher gut und die Inhalte werden am besten mit z. B. klassischen Drag & Drop Aufgaben oder anderen Quiz-Funktionen ergänzt.
Die nächste Stufe ist die Anwendung. Aufbauend auf die ersten beiden Stufen wird das Gelernte nun auch im Tun, in einer neuen Situation angewendet. Dafür geeignet sind natürlich synchrone Lernformate die einen direkten Austausch zwischen den Teilnehmern und mit dem Trainer zulassen. Beispiele dafür sind virtuelle Klassenzimmer, Diskussionsrunden oder Simulationen. Die Basis dafür kann durchaus in einem asychnronen E-Learning auf den beiden vorangegangenen Lernniveaus geschaffen und mit Zuordnungsaufgaben gefördert werden. Transferaufgaben und Reflexionsfragen können dann in die Praxis überleiten, in der Lernende möglichst einen direkten Austausch zu einem Trainer, Ausbilder oder anderem Lernprozessbegleiter haben.
Die Analyse verlangt den Lernenden nun noch etwas mehr ab als die Anwendung. Es geht bei der Analyse bereits darum, komplexe Sachverhalte und Zusammenhänge zu erkennen, wie es unter anderem in Fallstudien verlangt wird. Aufbauprinzipien und Strukturen, z. B. von Modellen sollen identifiziert und untersucht werden.
Hier ist mindestens der Austausch und eine Diskussionsplattform mit anderen Lernenden und/oder dem Trainer im Blenden-Learning-Ansatz zu empfehlen. Rein asynchrone bzw. virtuelle Formate kommen hier an ihre Grenzen. Der theoretische Hintergrund, also die Basis für die spätere Analysefähigkeit, kann durch E-Learning gestützt und wiederholt werden.
Nach der neuesten Betrachtung des Modells kommt an dieser Stelle nun die Evaluierung, also die Bewertung von Inhalten. Auch dieses Lernniveau wird am besten in einem Blended Learning Ansatz gefördert. Eine weitere Variante wäre allerdings auch ein asynchrones E-Learning, in welchem die Lernenden Entscheidungen treffen, Optionen untersuchen und bewerten. Erkundungsaufgaben oder interaktive Übungen können dabei hilfreich sein.
In dieser letzten Stufe des Erstellens sollen Lernende selbst etwas erschaffen, Zusammenhänge bilden oder Teile zusammensetzen, die so noch unbekannt waren. Es wird also erstmals etwas Neues geschaffen bzw. konstruiert. Dafür müssen die Lernenden nun alle Ressourcen bündeln. Wenn nicht in einer Echtumgebung, sollte dies zumindest in einer handlungsorientierten Umgebung oder im Kursraum erzeugt werden. Je nach Anforderung und Umfeld könnten Lernende Übungen auch während einer Liveübertragung ausführen oder als Video teilen. Der zeitliche Verzug und die Distanz stellen natürlich Schwierigkeiten beim Einwirken in den Lernprozess dar. Eine Lösung kann auch hier der Blended-Learning Ansatz bieten, indem er verschiedene Formate sinnvoll und passend zu den Teillernzielen kombiniert.
In den zunehmend höheren Stufen sollte E-Learning meiner Meinung nach als Ergänzung eingesetzt werden. Das fördert die Abwechslung und stellt eine Bereicherung des Lernprozesses dar. E-Learnings können gezielt zur Vorbereitung auf ein bestimmtes Thema genutzt werden oder um einen einheitlichen Wissensstand der Teilnehmer (z. B. vor einem Workshop) herstellen. Als Zwischenbausteine können E-Learnings sehr einfach Gelerntes wieder ins Gedächtnis rufen und so den Lernerfolg nachhaltig sichern. Das funktioniert auch wunderbar als transfersichernde Maßnahme im Alltag der Lernenden. Sie können Impulse erhalten, das Gelernte in der Praxis einzusetzen und zu wiederholen. Bei Sicherheitseinweisungen, Produktschulungen oder Trainings, die keine direkte Verhaltensänderung bewirken sollen, sind E-Learning meist eine kostengünstige und ansprechende Art zu Lernen.